Hoffnung? Oder Kampf?

Stellen Sie sich vor, die Firma BioNTech /Pfizer stiftete der Bundesrepublik eine Million Euro für ein Denkmal, das die Überwindung der Pandemie vergegenwärtigte. Eine Kommission unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten sichtete künstlerische Entwürfe und schließlich würde in der Hauptstadt eine Skulptur eingeweiht unter dem Titel: „Kampf“ – wäre das angemessen?

1869 vermachte Günther Ludwig Stuhlmann seiner „Vaterstadt Altona“ in einem Testament rund 75.000 Mark Courant für ein städtisches Leichenhaus, für einen neuen Turm für die Ottenser Christianskirche, für einen öffentlichen Garten sowie einen Springbrunnen, der erst 31 Jahre später mit einer monumentalen Brunnen-Skulptur realisiert wurde.

Zu Pfingsten des Jahres 1900 wurde in Altona diese Skulptur eingeweiht. Der Titel: „Kampf“. Zu sehen ist der dramatische Kampf zweier Mischwesen aus Pferd und Mensch um einen großen Fisch, aus dessen Maul sich die Hauptfontaine des Brunnens erhebt. Vom Brunnenrand her speien ein Wassergott, eine Nymphe und Echsen weiteres Wasser in die Mitte. Dieser „Kampf“ ist immer wieder auf die Rivalität von Altona und Hamburg gedeutet worden. Dabei ging es wohl nicht nur um Fischfang und –verarbeitung, sondern vor allem auch: um die „Wasserkünste“. Und um eine Epidemie und ihre Bewältigung.

Denn der Stifter dieses Brunnens, Günther Ludwig Stuhlmann, war Gründer und Direktor der Altonaer Gas- und Wasseranstalt AG. Auf seinem Grundstück in Neumühlen wollte er ein Wasserwerk für Altona errichten, ließ sich aber von William Lindley beraten, das Wasserwerk in Blankenese zu bauen und in Altona nur die Gasanstalt. Die Konkurrenz zwischen dem filtrierten Wasser, das vom Baurspark bis zum Bahnhofsplatz in Altona floss, und dem unfiltrierten Wasser auf der Hamburger Seite zeigte sich auf fatale Weise in der Choleraepidemie von 1892, als das saubere Wasser aus Altona half, Leben zu retten.

„Die Straße Schulterblatt wurde auf der einen Seite durch die Altonaer Wasserleitung mit filtriertem und auf der anderen Seite durch die Hamburger Leitung mit unfiltriertem Elbwasser versorgt. Während auf der hamburgischen Seite die Cholera rasch um sich griff, blieben die mit Altonaer Wasser versorgten Einwohner von der Krankheit verschont.“ (A. Meng, Geschichte der Hamburger Wasserversorgung, S. 137-139). Die Straßenseite entschied darüber, welches Kind gesund blieb und welches nicht.

Wir wissen noch nicht, wie die gegenwärtige Pandemie einmal erinnert werden wird. Aber es liegt an uns jetzt, ob das Stichwort „Kampf“ den Titel bestimmen wird – oder vielleicht ein Wort wie „Hoffnung“. Dies entscheidet sich auch an der Präsenz der Kirche in diesen Zeiten – Stichwort: „Hoffnungswege“.

Andreas Wandtke-Grohmann

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