Wilde Kirche im Norden

Wilde Kirche

Vor ein paar Wochen hat es ein Buch über Schöpfungsspiritualität auf die Spiegel Bestseller-Liste geschafft. Das ist in Deutschland ungewöhnlich und einigermaßen überraschend. Seriöse Theologen wie der Bochumer Professor Günter Thomas polemisieren zuweilen gegen jede Form von „Blühwiesenromantik“ (zeitzeichen.net), wittern Erscheinungsformen der verpönten „natürlichen Theologie“ oder gar „esoterisches“ Gedankengut. Doch offensichtlich hat das Buch „Wilde Kirche“ des katholischen Theologen Jan Frerichs die Sehnsucht vieler Menschen nach einer anderen Form von Kirche berührt.
Der Begründer der „Franziskanischen Lebensschule“ begleitet seit vielen Jahren Menschen bei Visionssuchen und Auszeiten in der Natur. In seinem Buch erzählt er anschaulich und berührend von seiner Wiederentdeckung der Wilden Kirche. Einer Kirche, die es immer geben hat und der Kathedralen die Wälder, Berge, Täler, Flussufer, Wüsten und Ozeane sind.

Mit seiner Suche und seinen Entdeckungen ist Jan Frerichs nicht allein. Vor gut zwei Jahren kam die Bewegung der „Wild Church“ aus den USA auch nach Deutschland. Ein wichtiger Wegbereiter war das Buch „Church of the Wild“ von Victoria Loorz, der Begründerin des internationalen Wild Church Networks. Seitdem sind an verschiedenen Orten in Deutschland Menschen unterwegs und feiern Gottesdienste nach einer „Liturgie der Wildnis“. Manche Gruppen sind mit bereits bestehenden Kirchengemeinden und Institutionen verbunden, andere bleiben bewusst unabhängig. Einige orientieren sich am Kirchenjahr, andere folgen dem mehr mit dem Rhythmus der Natur verbundenen keltischen Jahreskreis. Allen gemeinsam ist die ökumenische Offenheit und das Element des „Wanderns & Wunderns“, das von der Schöpfung den entscheidenden Beitrag zur Predigt erwartet.

Auch in der Nordkirche gibt es Orte, an denen die Wilde Kirche keimt und wächst. Jörg Urbschat vom Männerforum bietet 1x im Monat einen Wilde-Kirche-Gottesdienst für Männer in den Harburger Bergen an.
Frank Puckelwald und ich – Claudia Süssenbach – etablieren seit einigen Monaten auf dem Pfarrhof Schönwalde das Format des „Immrama Tages“ als eine weitere Ausdrucksform der Wilden Kirche. Dieser Tag für Leib, Seele und Geist ist aus den Erfahrungen einer Retreat auf der schottischen Insel Iona heraus entstanden.  Eine kleine Gemeinschaft von Menschen mit der Sehnsucht nach einem Leben in Verbundenheit, ein Weg in und mit der Natur, eine geteilte Mahlzeit und geteilte Geschichten, Stille und Segen – das alles hat sich als wirkungsvoll erwiesen. Diesen Weg möchten wir weitergehen – mit Menschen, die schon ein Stück des Weges mitgegangen sind und mit Menschen, die neu dazu kommen, weil sie diese Sehnsucht spüren. Der nächste Immrama Tag ist am 28. September. Alle Infos dazu gibt es hier.

Mehr Informationen zur Bewegung der Wilden Kirche in Deutschland gibt es auf der Website der Wild Church Deutschland.

Claudia Süssenbach